Action Cards
In den letzten Jahren gab es viele Überlegungen, was bei einem agilen Vorgehen am wichtigsten ist. Agile Coaches sind meist der Meinung, es ist die Weltsicht („don‘t do agile, be agile“). Die New Work Bewegung und Coaches aus dem systemischen Ansatz setzt diesen Fokus sogar noch spitzer. Andere Ansätze favorisieren die Motivation (zum Beispiel die „purpose driven organization“) oder das Umfeld (zum Beispiel beschrieben in „design unbound“). Ich glaube, dass alle diese Aspekte wichtig sind und in Balance sein müssen, doch kommt der Handlung eine Sonderrolle zu.
Egal, welchen Aspekt wir betrachten, am Ende steht immer eine Handlung, als Impulsgeber, als Ergebnis eines Denkprozesses oder als sichtbares Ergebnis. Tut es das nicht, ist alles andere nicht der Rede wert. Es existieren unglaublich viele verschiedene Handlungen und deshalb gibt es ganze Disziplinen, die sich nur damit (und den davon abgeleiteten Prozessen) beschäftigen. Das Thema Handlungen ist also komplex. Der Ansatz von Agilissence ist immer, Komplexität navigier- und verstehbar zu machen, indem das entsprechende Thema reduziert, komprimiert und abstrahiert wird - bis zur Essenz. Das funktioniert auch mit den Handlungen.
Ich habe mir die Handlungsaspekte vieler Frameworks angesehen, aus den Bereichen ‚Lean‘, ‚Agile‘ und ‚Taylorismus‘, diese extrahiert und kategorisiert. Das Ergebnis sind abstrakte Handlungscontainer, die ich Handlungsphasen nenne. Diese können belegt werden mit konkreten Handlungsausprägungen. Zum Beispiel gibt es die Handlungsphase Reflexion, deren Belegung unter anderem eine Review oder eine Retrospektive sein kann. Ich erreiche so eine Reduzierung der Komplexität, kann Probleme in Prozessen identifizieren und neue Prozesse modellieren. Dafür habe ich ein Kartenset kreiert, dass es ermöglicht, verschiedene Handlungsphasen in einer Reihenfolge zu legen, sie zu belegen und so kontextabhängige Prozesse zu erstellen.
In der Praxis funktioniert das am Anfang allerdings meist andersherum. Zuerst wird ein konkreter Prozess modelliert, dann auf die Karten projiziert. Sinnvoll ist das vor allem dann, wenn schnell Missstände und Probleme sichtbar gemacht werden sollen.
Die Handlungen im Einzelnen
Folgende Handlungen habe ich identifiziert und eingeordnet in die Kategorien Strategie, Wissen und Entwicklung.
Kategorie Strategie
vorbereiten
Überlegen Sie sich die nächsten Schritte und bereiten Sie diese vor, um Ihren Aktionsradius zu erweitern.
Belegungen können zum Beispiel sein: Planung, Sammlung, Einholen einer Erlaubnis
eingrenzen
Bestimmen, definieren und grenzen Sie ein, was Sie verstanden, entdeckt und gelernt haben.
Belegungen können zum Beispiel sein: Rahmen bestimmen, Definition of Done erstellen, Prinzipien definieren
erklären
Begründen Sie Sachverhalte, Entscheidungen oder Verhalten, um Transparenz zu erzeugen und Stakeholder und Kollegen von wichtigen Sachverhalten zu überzeugen.
Belegungen können zum Beispiel sein: Definition weg von's, Vorstandsentscheidungen mitteilen, Fehler eingestehen.
aufzeigen
Geben Sie Orientierung, um Transparenz zu erzeugen und Stakeholder und Kollegen die Navigation der Aspekte zu ermöglichen.
Belegungen können zum Beispiel sein: Definition hin zu's, Vision, Mission und Strategie vermitteln, auf gemeinsames Ziel einstimmen.
Kategorie Wissen
verstehen
Verständnis innerhalb des Systems schaffen, z. B. für sich selbst, das Team, das Team von Teams.
Belegungen können zum Beispiel sein: semantische Analyse, planning meeting, onboarding
erkunden
Verstehen außerhalb des Systems, z. B. den Kunden, den Kontext, das Umfeld, Strukturen. Voraussetzung zur Ableitung einer Strategie.
Belegungen können zum Beispiel sein: beobachten, recherchieren, interviewen
reflektieren
Lernen Sie, indem Sie über vergangene Erfahrungen nachdenken.
Belegungen können zum Beispiel sein: review, Retrospektive durchführen, 360 Grad-Feedback.
verifizieren
Lernen durch Inspektion von Handlungsabfolgen, im Hinblick auf korrekte Umsetzung und Anwendung (die richtigen Dinge richtig tun).
Belegungen können zum Beispiel sein: Metriken auswerten, Qualität sicherstellen, automatisierte Tests auswerten.
Kategorie Entwicklung
kreieren
Erweiterung des Symptom-, Problem-, Kausal- und Lösungsraumes. Sammeln von Meinungen, Gedanken und Ideen.
Belegungen können zum Beispiel sein: Brainstorming, Mindmapping, SCAMPER Methode verwenden
experimentieren
Zeitlich begrenztes Lernen durch Einsatz von Methoden, Prototypen, Impulsen usw. Validieren und Wissen gewinnen durch testen, beweisen, demonstrieren, ausprobieren (ob die richtigen Dinge getan werden).
Belegungen können zum Beispiel sein: prototypisieren, testen, versuchen.
erstellen
Die einmalige Konstruktion eines spezifischen und nutzbaren Produkts, Prozesses, einer Dienstleistung oder einer Plattform (durch Kombination mit der Handlung „iterieren“, (s.u.) entsteht damit dann zum Beispiel ein Inkrement).
Belegungen können zum Beispiel sein: Software, Dokument, Präsentation.
praktizieren
Gewohnheiten, Routinen und Fähigkeiten etablieren.
Belegungen können zum Beispiel sein: Pair-Programming, Community Of Practice, Arbeit am Kaizen-Item
Beispiele:
Scrum
Vorbereiten, erstellen, reflektieren
Design Thinking
Verstehen, erkunden, verifizieren, kreieren, experimentieren, reflektieren
Agile Transformation
Analysieren: erkunden, verstehen
Iterieren: vorbereiten, begründen, kreieren, experimentieren, verifizieren
(die verwendeten runden Integratoren beschreibe ich in einem eigenen Blogeintrag)
Zusammenfassung
Mit den Handlungsphasen von Agilissence können bestehende Prozesse modelliert und überprüft werden. Es wird möglich, neue Handlungsabfolgen und Prozesse zu gestalten. Ein Vergleich von Ist- und Soll-Stand zeigt leicht und sofort auf, was getan werden muss, um effizienter und effektiver zu werden, in allen Aspekten.